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Ausland "Alle Leute raus"

ZDF zieht Reporter nach Laserpointer-Attacke ab

Journalisten droht in Ägypten Lebensgefahr. Nach einem Laser-Angriff zieht das ZDF alle Mitarbeiter ab. Auch die ARD erwägt den Rückzug.

Für Journalisten in Ägypten wird die Arbeit immer gefährlicher. In den vergangenen Tagen gerieten ausländische Reporter bei den blutigen Protesten auf den Straßen zwischen die Fronten und wurden verfolgt, angegriffen und festgenommen. Einige wurden verletzt und mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Auch für deutsche Journalisten steigt die Gefahr mit jeder Minute vor Ort. Nach einem Bericht des Fernsehsenders "Al-Arabija“ stürmen Anhänger Mubaraks Hotels in Kairo und machen Jagd auf Journalisten.

Das ZDF erwägt jetzt, die dort arbeitenden Mitarbeiter aus der Stadt zurückzuziehen. Die Devise laute ab sofort: "Alle Leute raus!“, sagte ein Sprecher "Welt Online“. Der Sender versuche momentan, alle seine in Kairo eingesetzten Reporter aus dem Krisengebiet zu holen.

Dies darf als eine Reaktion auf die Laserpointer-Attacke auf ZDF-Reporter Dietmar Ossenberg verstanden werden. Mitten während der Übertragung ins "heute journal“-Studio zu Moderatorin Marietta Slomka wurde der Reporter mit seinem Team von einem Laserpointerstrahl getroffen – mutmaßlich von Mubarakanhängern.

Der Reporter war bereits vor der Attacke vom Korrespondentenbüro in ein nahe gelegenes Hotel in Kairo umgezogen – dort traf ihn der Laserstrahl. Er reagierte schnell, befahl, das Licht zu löschen und die Schalte brach ab.

ZDF fürchtet gezielte Attacken auf Ausländer

Daraufhin herrschte in Mainz große Aufregung und Sorge um die ZDF-Mitarbeiter in Ägypten. Chefredakteur Peter Frey beschloss, seine Leute aus dem Krisengebiet abzuziehen und mithilfe des Auswärtigen Amtes sofort in Sicherheit zu bringen. Wohin, ließ der Sender offen, um die Reporter zu schützen. Aber "mit größter Sicherheit“ außer Landes, wie es aus Mainz hieß. Die Anhänger des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak gingen gezielt gegen Ausländer vor, sagte Frey.

Die Befürworter des Regimes versuchten, eine Berichterstattung über die Demonstrationen zu vereiteln. „Wir haben hier eine Revolution, bei der Trupps mit Macheten bewaffnet sind und niemand weiß, wie es ausgeht“, sagte Frey. Es sei zunehmend schwierig, die Sicherheit der Mitarbeiter und gleichzeitig eine umfängliche Berichterstattung zu gewährleisten.

Auch die ARD reagierte, momentan befinde sich der zuständige Südwestrundfunk (SWR) in der Diskussion, ob auch ihre Korrespondenten abgezogen werden, wie der Sender "Welt Online“ sagte.

Schwedischer Reporter schwer verletzt

Ein in Kairo als verschwunden gemeldeter Reporter des schwedischen Fernsehsenders SVT tauchte inzwischen wieder auf - misshandelt und schwer verletzt. Wie SVT am Donnerstagabend in Stockholm berichtete, wurde der Korrespondent Bert Sundström in ein Krankenhaus der ägyptischen Hauptstadt gebracht. Sein Zustand sei "stabil“.

Sundström hatte von Demonstrationen in der Innenstadt berichten wollen und war dann spurlos verschwunden.

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Bei einem Anruf der Heimatredaktion meldete sich von seinem Handy ein arabisch sprechender Mann und sagte: "Euer Mann ist bei der Armee. Wenn ihr Hurensöhne ihn zurückhaben wollt, müsst ihr kommen und ihn euch holen.“ Deshalb war eine Entführung befürchtet worden.

"Journalisten sind kein Freiwild"

Vom Regime werden ausländische Medien mit ihrer Berichterstattung für die Unruhen im Land beschuldigt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) beklagte, bei den Übergriffen seien auch mehrere Berichterstatter geschlagen und ihrer Ausrüstung beraubt worden. Betroffen seien Mitarbeiter von Sendern wie BBC, Al-Dschasira, CNN, Al-Arabija und ABC News. Auch Polizisten sollen zu den Tätern gehört haben.

"Diese Angriffe scheinen Racheakte gegen internationale Medien zu sein, die die Forderungen der Demonstranten nach einem Rücktritt Mubaraks übermitteln“, sagte ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard. Ein französischer Reporter des Senders Arte wurde gemeinsam mit zwei Kollegen bei einem Kontrollpunkt des Militärs festgenommen. Den Journalisten wurden laut Arte Handys und Arbeitsmaterial abgenommen. Anschließend wurden sie wegtransportiert.

Eine auch für das ZDF arbeitende Journalistin kam nach 20 Stunden Haft in Kairo wieder frei. Die Frau war am Mittwoch auf der Fahrt von Alexandria nach Kairo festgenommen und in einem Hochsicherheitstrakt festgesetzt worden.

Dem Fernsehteam des Senders n-tv wurde zeitweise die Ausrüstung weggenommen. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) betonte, die Journalisten in Ägypten dürften an ihrer Berichterstattung nicht gehindert werden. "Journalisten sind kein Freiwild“, sagte der Bundesvorsitzende Michael Konken. Laut DJV musste das ARD-Team am Mittwoch sein Studio verlassen; ein belgischer Journalist wurde verhaftet und eine französische Journalistin wurde verprügelt.

Regimeanhänger drangsalieren Reporter

Immer noch befinden sich vier israelische Reporter in Haft. Ein epa-Fotograf wurde am Kopf verletzt und von Armeesoldaten gerettet. Ein CNN-Reporter wurde mit seinem Team während laufender Kamera von Straßenkämpfern angegriffen. Die Gruppe versuchte sich unter einem Hagel von Faustschlägen in Sicherheit zu bringen und wurde von einem aufgebrachten Mob über mehrere Straßenzüge verfolgt. Anhänger von Husni Mubarak haben einen griechischen Journalisten und Fotografen attackiert und mit einem Messer verletzt und mit Knüppeln geschlagen. Regimeanhänger riefen: "Mubarak ist kein Problem. Du bist eins!“

Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zeigten sich über die Lage besorgt. "Angriffe auf Journalisten sind völlig inakzeptabel“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, dem britischen Premierminister David Cameron, Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi und dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero. Ähnlich hatte sich bereits gestern die US-Regierung geäußert.

mit dpa

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