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Deutschland Doktorarbeit

Guttenberg soll Text der US-Botschaft kopiert haben

Immer neue Quellen, aus denen sich der Minister unlauter bedient haben soll, werden entdeckt. Im Internet werden entsprechende Textstellen regelrecht gejagt.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll in seiner Doktorarbeit noch mehr Textstellen abgeschrieben haben als bisher bekannt. Laut „Spiegel Online“ verwendete er einen Absatz von der Webseite der US-Botschaft ohne Fußnote und bediente sich aus einem Beitrag des CDU-Europaabgeordneten Andreas Schwab zum europäischen Föderalismus. Außerdem habe er mehrere Absätze aus einer Rede des Jura-Professors Gerhard Casper ohne Hinweis verwendet – allerdings finde sich eine Fußnote in einem anderen Zusammenhang.

Die Suche nach weiteren geklauten Textpassagen in der Arbeit läuft jetzt auch öffentlich im Internet. So wird auf einer Plattform bei Google dazu eingeladen, an „einer kollaborativen Dokumentation der Plagiate“ mitzuarbeiten.

Das Angebot wurde offenbar rege in Anspruch genommen. Denn die Seite mit dem Titel "Eine kritische Auseinandersetzung mit Karl-Theodor Freiherr zu Guttenbergs Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag" konnte wegen Überlastung am späten Vormittag zunächst nur noch schreibgeschützt aufgerufen werden. Später wurde eine zweite Webseite für die Schummel-Recherche eröffnet.

Der Plagiatsvorwurf kann nach Einschätzung von Meinungsforschern für den Bundesverteidigungsminister gefährlich werden. „Die wichtigste Politikereigenschaft ist das Vertrauen. Wer das verspielt, hat ein Problem“, sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner. Dies könne gerade Guttenberg treffen. Denn er genieße eine hohe Popularität gerade weil er als authentisch, offen und vertrauenswürdig wahrgenommen werde.

Entscheidend sei nun, wie unabhängige Institutionen die Plagiat-Vorwürfe in der Doktorarbeit Guttenbergs einstuften und ob er selbst den Eindruck erwecke, die Vorwürfe lückenlos und nicht mit einer „Salamitaktik“ aufklären zu wollen. Wenig Einfluss misst Schöppner dagegen Angriffen des politischen Gegners zu. „Wenn nun bereits der Rücktritt gefordert wird, ist dies eine Spur zu mächtig und kann kontraproduktiv wirken.“

Das bayerische Wissenschaftsministerium sieht sich bei der Aufklärung der Plagiatsvorwürfe derzeit nicht zum Handeln gezwungen. Das Prüfverfahren an der Universität Bayreuth sei mit der Anforderung einer schriftlichen Stellungnahme Guttenbergs „ordnungsgemäß eingeleitet“ worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. Der Fall sei bei der Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft der Uni Bayreuth „in den besten Händen“.

Die Sprecherin verwies auf die für Hochschulen geltende Autonomie. Das Ministerium als Rechtsaufsichtsbehörde könnte die Universität per dienstlicher Anweisung zu einem ordnungsgemäßen Prüfverfahren auffordern, falls sie bei der Aufklärung von ihrem „Ermessen“ kein Gebrauch mache. Dies wäre der Fall, wenn auf eine Untersuchung verzichtet würde, weil Guttenberg prominent sei oder in der Begründung der Kommission keine sorgfältige Abwägung getroffen würde. Derzeit bestehe aber kein Grund, einzuschreiten, betonte die Sprecherin.

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher forderte von Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) indes „aktive Aufklärung“ in dem Fall. Durch die Plagiatsvorwürfe drohe der Wissenschaftsstandort Bayern schweren Schaden zu nehmen, warnte Rinderspacher in einem Brief an den Wissenschaftsminister. In der Öffentlichkeit sei der „unweigerliche Eindruck“ entstanden, bei der Erlangung des Doktortitels an einer bayerischen Universität stehe nicht stets der Nachweis wissenschaftlichen Tiefgangs und neuer Erkenntnisse im Vordergrund, sondern vielmehr „andere, der Wissenschaft ferne Kriterien“.

Dies werfe die Frage auf, ob für Prominente an bayerischen Universitäten andere, weniger strenge Regeln gelten als für „Otto Normalstudent“.

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Hier finden Sie eine Liste einiger Werke, bei denen Guttenberg sich ohne Quellen-Hinweis bedient haben soll

dapd/Reuters/dpa/cn

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