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Deutschland Superwahljahr 2011

Für die Bundesregierung dürfte es noch enger werden

Die aktuelle Sitzverteilung im Bundesrat. Bei sieben Landtagswahlen werden sich die Mehrheitsverhältnisse voraussichtlich ändern - aber vermutlich nicht zum Vorteil der Bundesregierung Die aktuelle Sitzverteilung im Bundesrat. Bei sieben Landtagswahlen werden sich die Mehrheitsverhältnisse voraussichtlich ändern - aber vermutlich nicht zum Vorteil der Bundesregierung
Die aktuelle Sitzverteilung im Bundesrat. Bei sieben Landtagswahlen werden sich die Mehrheitsverhältnisse voraussichtlich ändern - aber vermutlich nicht zum Vorteil der Bundesregie...rung
Quelle: Infografik WELT ONLINE
Schwarz-Gelb kann nicht damit rechnen, die Mehrheit im Bundesrat zurückzugewinnen. Die Landtagswahlen werden eher die Opposition im Bund stärken.

Die Bürgerschaftswahl in Hamburg am Sonntag leitet das Super-Wahljahr ein. Insgesamt wählen sieben Länder ihre Parlamente neu, Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein könnten dazu kommen. Aller Voraussicht nach wird sich die Zusammensetzung des Bundesrates abermals verändern. Vermutlich kommt es zu Verschiebungen zugunsten des Oppositionslagers. Für die Bundesregierung würde sich entsprechend der politische Spielraum weiter verengen.

Rot-rot-grüne Mehrheit in der Länderkammer ist unwahrscheinlich

So ist es theoretisch sogar möglich, dass SPD, Grüne und Linke im Laufe des Jahres in der Länderkammer eine Mehrheit erhalten – aber doch recht unwahrscheinlich. Gleiches gilt für das Szenario, Union und FDP könnten ihre im vorigen Jahr verlorene Mehrheit in der Länderkammer zurückerobern. Einstellen müssen sich die Strategen hingegen eher auf den Fall, dass das Lager der „neutralen“ Stimmen größer wird. Als „neutral“ gelten Länder, die lagerübergreifend regiert werden, also große Koalitionen oder das saarländische Bündnis aus CDU, FDP und Grünen, eine „Jamaika“-Bündnis.

Insgesamt hat der Bundesrat 69 Stimmen, die absolute Mehrheit erfordert 35 Stimmen. Die von CDU, CSU und FDP regierten Länder stellen noch 34 Sitze. Da keine neue schwarz-gelbe Regierungsübernahme in Sicht ist, werden Union und FDP vermutlich bis zur Bundestagswahl 2013 ohne eine Mehrheit in der Länderkammer bleiben. Dieser Gegensatz bei den Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat ist ohnehin der politische Normalfall in der Bundesrepublik.

Bei der Wahl in Hamburg wird über drei Bundesrats-Stimmen entschieden, die bislang der CDU-Minderheitssenat unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus besetzt. Die Umfragen deuten auf eine SPD-geführte Regierung hin, womöglich erreichen die Sozialdemokraten eine absolute. Sollte die Hansestadt bald von ihnen beziehungsweise rot/grün regiert werden, würde das Oppositions-Lager in der Länderkammer auf über 24 Sitze wachsen.

Lager der "neutralen" Regierungen könnte wachsen

Bislang werden nur fünf der 16 Länder von den Oppositionsparteien im Bundestag regiert. Das sind: Berlin (SPD/Linke, vier Stimmen), Brandenburg (SPD/Linke, vier Stimmen), Bremen (SPD/Grüne, drei Stimmen), Nordrhein-Westfalen (SPD/Grüne, sechs Stimmen) und Rheinland-Pfalz (SPD, vier Stimmen). Sollte der mutmaßliche Hamburger Wahlsieger, SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz, allerdings unerwartet mit der FDP paktieren, fielen diese Stimmen in das „neutrale“ Lager.

Immerhin werden vier Länder von Parteien gemeinsam regiert, die sich im Bund als Konkurrenten gegenüberstehen. Solche die traditionellen Lager übergreifenden Koalitionen bringen es im Bundesrat zurzeit auf 14 Stimmen: Sie beruhen auf den CDU/SPD-Koalitionen in Sachsen-Anhalt und Thüringen (je vier Stimmen), der SPD-/CDU-Regierung in Mecklenburg-Vorpommern (drei Stimmen) und dem „Jamaika“-Bündnis in Saarbrücken (drei Stimmen).

Exakt einen Monat nach Hamburg, am 20. März, wird der sachsen-anhaltinische Landtag neu gewählt. Umfragen deuten auf keine großen Verschiebungen gegenüber der Landtagswahl 2006 hin. CDU und SPD wollen ihre Koalition fortsetzen, auch wenn Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) abtritt. Während eine schwarz-gelbe Regierung keine Mehrheit finden dürfte, ist mathematisch ein linkes Bündnis möglich. SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn aber schließt eine Koalition mit den – vermutlich stärkeren – Linken aus. Käme es dennoch dazu, verlöre das „neutrale“ Lager seine vier Magdeburger Sitze. Sie kämen dem linken Lager im Bundesrat zugute.

Ende von Schwarz-Gelb im Südwesten wäre ein Fanal für Berlin

Als wichtigster Wahltag dieses Jahres gilt der 27. März, dann wählt Deutschlands Südwesten. Die Bürger in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bestimmen ihre Landtage. Die CDU/FDP-Landesregierung in Stuttgart unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) entsendet gleich sechs Vertreter in den Bundesrat. Die Regierung von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der sich auf eine absolute Mehrheit stützt, ist mit vier Sitzen präsent. Wurde noch vor einigen Monaten ein Machtwechsel in Baden-Württemberg für wahrscheinlich gehalten, so haben sich CDU und FDP inzwischen stabilisiert.

Ein Ende der gemeinsamen Regierung wäre ein Fanal für Schwarz-Gelb in Berlin, vergleichbar mit dem Scheitern von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2005. Sollten Christ- und Freidemokraten in Stuttgart keine Mehrheit mehr besitzen, verlöre dieses Lager gleich sechs Stimmen im Bundesrat. Es dürfte mühsam sein, diese zu kompensieren. Auch eine Koalition der CDU mit Grünen oder SPD wäre für die Bundesregierung schmerzhaft; die Sitze wären fortan im „neutralen“ Lager. Eine Mehrheit von Grünen, SPD und Linken im Südwesten wäre für die Regierung Merkel/Westerwelle ein politischer GAU. Fortan besäße das linke Lager (Hamburg inbegriffen) immerhin über 30 der 69 Sitze in der Länderkammer.

In Rheinland-Pfalz stehen die Zeichen auf Rot-Grün

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In Rheinland-Pfalz erwartet die SPD selbst den Verlust ihrer absoluten Mehrheit. Wenngleich Kurt Beck von 1994 bis 2006 zusammen mit der FDP regiert hatte, deutet einiges auf Rot-Grün. Damit verblieben die vier Sitze in jenem Lager. Eine sozial-liberale oder eine schwarz-grüne Regierung wiederum führte die Stimmen ins „neutrale“ Lager. Eine CDU/FDP-Mehrheit in Mainz gilt als fast unmöglich. Als vergleichesweise unspektakulär wird die Bürgerschaftswahl in Bremen (drei Stimmen) am 22. Mai eingeschätzt. Allenthalben wird die Fortsetzung der rot-grünen Koalition unter Jens Böhrnsen (SPD) in der sozialdemokratischen Hochburg erwartet.

Der Ausgang der Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern (4. September) und Berlin (22. September) ist höchst ungewiss. Mehrheiten für CDU und FDP sind aber eher unwahrscheinlich. Vieles deutet auf eine weitere SPD/CDU-Koalition in Schwerin unter Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Als möglich gilt auch eine Rot-Rot oder gar Rot-Rot-Grün. In der Hauptstadt setzen die meisten Beobachter auf einen neuen rot-roten Senat unter Klaus Wowereit (SPD). Weitere Varianten sind eine rot-grüne oder eine grün-rote Landesregierung – oder vielleicht ein grün-schwarzes Bündnis.

Inzwischen lassen die Verhältnisse in Düsseldorf und Kiel zwei weitere Landtagswahlen möglich erscheinen. In Nordrhein-Westfalen würde es – womöglich mit der Linkspartei – bei einer linken Regierung bleiben. In Kiel droht Schwarz-Gelb die Abwahl. In beiden Ländern auch gut möglich: eine große Koalition. Mit einer Stärkung der „Neutralen“ werden die Geschicke Deutschlands immer mehr von einer ganz großen Koalition bestimmt – gewissermaßen von einer Allparteienregierung.

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