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Deutschland Plagiatsaffäre

Hat sich Guttenberg seinen Doktortitel erkauft?

Verteidigungsminister Guttenberg Verteidigungsminister Guttenberg
Zu den Plagiatsvorwürfen kommen jetzt auch Vermutungen über wirtschaftliche Zusammenhänge
Quelle: dapd/DAPD
Die Universität Bayreuth hat sich bis 2006 eine Professur spendieren lassen. Das Geld dafür kam von einer Firma, bei der Guttenberg im Aufsichtsrat saß.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Doktortitel-Äffäre scharf angegriffen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in einer Situation, in der die Bundeswehr komplett umgebaut werden muss, im Amt zu lassen, "ist die blanke Verantwortungslosigkeit der Kanzlerin", sagte Trittin der "Passauer Neuen Presse". "Ein erfolgreicher Hochstapler hat keine Nachsicht verdient." Der Fall zu Guttenberg sei jetzt "eine Causa Merkel". Es müsse immer noch geklärt werden, ob der CSU-Politiker "sich nicht strafbar gemacht hat. In vergleichbaren Fällen hat es Anklagen und Verurteilungen gegeben".

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte Aufklärung über wirtschaftliche Verflechtungen zwischen der Familie Guttenberg und der Universität Bayreuth. "Das wird das Parlament sehr intensiv interessieren", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Wiefelspütz schloss auch die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht aus. "Da muss Klarheit her."

Nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Volker Beck, könnten finanzielle Verflechtungen "eine Erklärung dafür sein, warum die Universität Bayreuth so schnell und ohne Prüfung einer vorsätzlichen Täuschung über die Aberkennung des Doktortitels entschieden hat". Dies sei in Guttenbergs Interesse, sagte Beck der "Mitteldeutschen Zeitung".

Ähnlich äußerte sicht der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Florian Pronold. "Vielleicht hat deswegen auch die Universität vermieden, sich überhaupt zum Täuschungsvorwurf durch Herrn Guttenberg zu äußern", sagte er dem "Handelsblatt". "Bisher stand die Promotionsarbeit von Herrn Guttenberg unter dem Motto "Alles nur geklaut", jetzt kommt noch der Verdacht der Käuflichkeit hinzu." Der Bayreuther Universitäts-Präsident Rüdiger Bormann sagte der "Berliner Zeitung", die Universität habe die Frage, ob Guttenberg mit seiner Dissertation bewusst getäuscht habe, auf die Schnelle nicht klären können. Dies sei auch eher eine Frage für die Staatsanwaltschaft. Die Universität wolle "gleichwohl weiterhin der Frage nachgehen, ob hier eine bewusste Täuschung vorliegt". Dies sei jedoch ein komplexer Prozess, der noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

Der Berliner "Tagesspiegel" hatte zuvor berichtet, dass die Rhön Klinikum AG zwischen 1999 und 2006 für einen neuen Lehrstuhl an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät insgesamt 747.764,36 Euro überwiesen habe. Guttenberg habe von 1996 bis 2002 im Aufsichtsrat der AG gesessen, seine Familie dort ein Aktienpaket gehalten. Der CSU-Politiker studierte von 1992 bis 1999 in Bayreuth Rechtswissenschaften und promovierte dort im Jahr 2007 mit der Bestnote summa cum laude.

Man habe an der Einrichtung des Studienganges Diplom-Gesundheitsökonomie Interesse gehabt, "weil der Arbeitsmarkt zu wenig qualifizierte Nachwuchskräfte für eine Aufgabe im Krankenhausmanagement anbot", sagte ein Sprecher der Rhön Klinikum AG dem "Tagesspiegel". Mit den für Guttenberg zuständigen Fakultätsprofessoren habe man nichts zu tun gehabt. Guttenbergs Doktortitel war aberkannt worden, weil er "gegen wissenschaftliche Pflichten" verstoßen habe. Der in Bayreuth lehrende Staatsrechtler Oliver Lepsius sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" dazu: "Wir sind einem Betrüger aufgesessen." Lepsius, seit 2002 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Allgemeine und Vergleichende Staatslehre, fügte mit Blick auf den Ruf der Fakultät hinzu: "Wir gehören zu den zehn besten rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland."

Rechtswissenschaftler der Universitäten Hamburg und Berlin kritisierten die Promotionskommission der Uni Bayreuth. Hans-Heinrich Trute, Professor für öffentliches Recht an der Universität Hamburg, erklärte: Gegen die Bayreuther Entscheidung sei zwar grundsätzlich nichts einzuwenden. Er sei sich nach Lage der Dinge aber sicher, dass "in diesem Fall der Vorwurf der Täuschung relativ leicht hätte begründet werden können". Dann allerdings "hätte Guttenberg sicherlich zurücktreten müssen. Da wollte sich die Universität Bayreuth wohl nicht ins politische Geschäft einmischen."

Der Vorsitzende des Promotionsausschusses der Berliner Humboldt Universität, Ulrich Battis, verglich die zügige Entscheidung der Bayreuther Uni mit einem sogenannten "Deal" im Strafprozess. "Da ist das auch umstritten, aber es wird halt gemacht", sagte Battis. Offenbar wolle Guttenbergs Alma Mater unverzüglich aus den Schlagzeilen. "Sie hoffen wohl darauf, dass es auf diese Weise schnell zu Ende ist."

Das Studentenparlament der Universität Bayreuth begrüßte die schnelle Entscheidung der Promotionskommission im Fall Guttenberg. "Es ist gut, dass nun Klarheit darüber herrscht, dass es sich bei der Dissertation von Herrn zu Guttenberg um ein Werk handelt, dass zumindest in Teilen aus Plagiaten besteht“, sagte der Vize-Vorsitzende des Studentenparlaments, Michael Weh.

dpa/mac

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