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Ausland Ex-CIA-Agent

"Gaddafi lässt im Extremfall Pipelines sprengen"

Der frühere CIA-Spitzenagent Robert Baer glaubt, die Lage in Libyen werde sich noch verschlechtern. Gaddafi wolle einen gescheiterten Staat.

Robert Baer gehörte zu den wichtigsten Agenten der CIA im Nahen Osten.

Als der erste Golfkrieg ausbrach, half er bei der Organisation des Kurdenaufstands gegen Saddam Hussein, dem die USA in letzter Minute die Unterstützung entzogen. Aus Protest gegen die Abwertung der Sicherheitspolitik unter Bill Clinton verließ er den Dienst Ende der 90er-Jahre. Seine Bücher dienten als Vorlage für den Film „Syriana“ mit George Clooney.

Welt Online: Wie lange wird sich Gaddafi noch in Libyen halten können?

Robert Baer: Uns erreichen aus Tripolis nur sehr spärliche Informationen. Ich habe aber immer noch Kontakt, zu einem Mann aus dem engsten Umfeld Gaddafis. Er berichtet, die ohnehin schlimme Lage werde sich noch verschlechtern.

Welt Online: Inwiefern?

Baer: Unter anderem soll Gaddafi seinen Sicherheitskräften befohlen haben, die Ölanlagen zu sabotieren. Es gibt einen konkreten Befehl, im Falle eines totalen Zusammenbruchs die Pipelines in die Luft zu jagen, um die Lieferungen in die Häfen am Mittelmeer zu unterbrechen.

Welt Online: Eine Politik der verbrannten Erde?

Baer: Genau. Bei Libyen handelt es sich um eine Clan- und Stammesgesellschaft. Gaddafis Machtbasis, die ihn 41 Jahre an der Spitze des Staates hielt, war immer die Loyalität der Stämme. Inzwischen kann er sich nur noch auf seinen eigenen Stamm, die Qadhadhfa, verlassen.

Welt Online: Wie verhält sich das Militär?

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Baer: Nach Aussage meines Informanten stehen nur noch 5000 der etwa 45.000 Soldaten klar zu Gaddafi. Dabei handelt es sich um Eliteeinheiten, deren Offiziere persönlich von Gaddafi ausgewählt wurden, darunter die Einheit, die sein zweitjüngster Sohn Khamis kommandiert. Aus der gleichen Quelle heißt es, Gaddafi sei klar, dass er mit den zur Verfügung stehenden Truppen die Macht im Lande nicht zurückerobern kann. Er kann aber dafür sorgen, dass die rebellierenden Stämme und Armeeangehörigen ihre Illoyalität bereuen, indem er Libyen in ein zweites Somalia verwandelt, einen gescheiterten Staat am Mittelmeer, gegenüber von Europa, statt am Horn von Afrika. „Ich habe die Waffen und das Geld, um noch lange Zeit zu kämpfen“, soll Gaddafi gesagt haben.

Welt Online: Nach außen geriert er sich eher wie ein Opfer. Meint er das ernst?

Baer: Er fühlt sich von den Medien betrogen, vom Fernsehsender al-Dschasira aus dem Emirat Katar, aber natürlich auch vom Westen. Am Wochenende warnte Gaddafi mehrere europäische Botschaften, im Falle seines Sturzes werde Europa von afrikanischen Einwanderern überflutet.

Welt Online: Welche Herausforderung stellen die Unruhen und Umstürze in der arabischen Welt an die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik?

Baer: Was wir dort gerade erleben, ist der Zusammenbruch der sunnitischen Herrscherkasten, welche ihre innenpolitischen Probleme mit Geld lösen wollten, was jetzt nicht mehr funktioniert. Der Westen sollte jetzt schnell begreifen, seine alten Verbündeten existieren nicht mehr. Die Umstürze haben die geopolitische Landkarte der Region, die Machtverhältnisse, dramatisch verändert.

Welt Online: In Ihrem Buch „The Devil We Know“ bezeichnen Sie den Iran als kommende Führungsmacht in der Region. Fühlen Sie sich bestätigt durch die jetzigen Ereignisse?

Baer: Gerade hat der Iran zwei Kriegsschiffe durch den Suezkanal geschickt, in einer Zeit wie dieser. Betrachten wir die Situation in Bahrain, im Irak, vor allem im Libanon. Wie könnte da jemand behaupten, der Iran gehe nicht gestärkt aus der Entwicklung hervor?

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