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Gesundheit Labor-Untersuchungen

Virologe hält absichtliche EHEC-Infektion für denkbar

Virologe Alexander Kekulé schließt nicht aus, dass das Bakterium absichtlich unter Volk gebracht wurde. Minister üben sich in Optimismus.

Die lebensbedrohlichen Darmerkrankungen mit dem EHEC-Erreger breiten sich weiter aus. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) stieg die Zahl der Fälle des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) auf 140. Mindestens vier Menschen starben bislang daran.

Bei der Suche nach einer Lösung tappen die Behörden weiter im Dunkeln. Gesundheitsminister Daniel Bahr zeigte sich alarmiert über die schnelle Zunahme der Neuinfektionen und riet den Bürgern zu besonderer Vorsicht. Der Virologe Alexander Kekulé sagte, der „Worst Case“ dürfe nicht ausgeschlossen werden, „dass die Bakterien absichtlich ausgebracht wurden“.

Seit der zweiten Mai-Woche sind Dutzende Personen an blutigem Durchfall und dem sogenannten HUS erkrankt. Im vergangenen Jahr wurden dem RKI lediglich 65 HUS-Fälle gemeldet. „Die Zahl der schweren Verläufe in einem kurzen Zeitraum ist sehr ungewöhnlich, auch die betroffenen Altersgruppen sind untypisch“, teilte das RKI mit. So seien dieses Mal anders als sonst kaum Kinder, sondern überwiegend Frauen betroffen.

Die meisten Fälle sind in Norddeutschland aufgetreten: In Hamburg werden nach Angaben der Behörden 59 Personen zwischen neun und 77 Jahren stationär wegen HUS oder HUS-Verdachts behandelt. In Kiel gab das Gesundheitsministerium ebenfalls 59 Fälle bekannt.

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In Niedersachsen waren es 28 HUS-Fälle. Die Zahl der Fälle blutiger Durchfallerkrankungen, bei denen ein Verdacht auf die Erkrankung besteht, liegt allen Ländern deutlich darüber.

Das RKI geht mittlerweile auch ersten Verdachtsfällen in Süd- und Ostdeutschland nach. „Bisher konnte kein konkretes Lebensmittel als Infektionsquelle identifiziert werden“, erklärte das RKI.

Das HUS ist eine schwere Erkrankung, die bei bakteriellen Darminfektionen mit sogenannten enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) auftreten kann. Die Betroffenen leiden in der Regel unter akutem Nierenversagen, Blutarmut durch den Zerfall roter Blutkörperchen und einem Mangel an Blutplättchen.

2010 wurden dem RKI zwei Todesfälle im Zusammenhang mit HUS gemeldet.

Bahr informierte das Bundeskabinett über die Lage. Das Robert-Koch-Institut unterstütze die Länder mit Hochdruck dabei, die Infektionsursache einzugrenzen, sagte der Minister. Er sei optimistisch, dass dies bald gelingen werde.

Obst, Gemüse und Hände waschen

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Die bestehenden Mechanismen bezeichnete der FDP-Politiker als ausreichend. Einen Anlass zur Einrichtung eines Krisenstabs sehe er nicht. In dieser Situation sei es wichtig, auf die Hygiene zu achten. „Obst und Gemüse sollten intensiv und sorgfältig gereinigt werden, die Hände sollten regelmäßig gewaschen werden.“

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass die Ursache für die Erkrankungswelle bald näher eingegrenzt werden kann. In der ARD warnte sie vor voreiligen Schuldzuweisungen.

Weit weniger optimistisch als Aigner und Bahr äußerte sich RKI-Chef Reinhard Burger auf dem Weg zum Gesundheitsausschuss des Bundestags. Vielleicht könne man gar keine stichhaltigen Nachweise einer bestimmten Infektionsquelle finden, meint er. Doch wäre das möglicherweise nicht die schlechteste Variante – denn wenn leicht verderbliche Waren verantwortlich wären, die schon alle aufgegessen sind, wäre die Quelle damit ja wohl bereits versiegt.

„An sich muss das jetzt abfallen, das kann nicht weitergehen“, sagt Burger vor den Ausschusstüren. Doch gilt das laut RKI nur dann, wenn nun ein Verursacher-Lebensmittel gefunden wird oder es sich eben um ein Lebensmittel von kurzer Haltbarkeit handelt.

Berichte, wonach Landwirte die Krankheitswelle durch den unsachgemäßen Einsatz von Gülle als Dünger ausgelöst haben könnten, seien Spekulationen. Die Häufung der Krankheitsfälle sei aber „wirklich besorgniserregend“.

Virologe Kekule von der Universität Halle nannte den aktuellen Ausbruch im „Tagesspiegel“ „ungewöhnlich und beunruhigend“. Das HU-Syndrom sei selbst bei betroffenen Kindern und bei gesunden Erwachsenen eher selten. Auch müsse das gleichzeitige Auftreten von mehr als 400 Erkrankungen und Verdachtsfällen eigentlich schnell zur Identifizierung der Quelle führen.

Weitere Informationen über das EHEC-Bakterium:

Reuters/dpa/dapd/cl

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