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Zweiter Weltkrieg Seekrieg

Als die "Bismarck" ihren letzten Kampf kämpfte

Im Mai 1941 startete Hitlers stärkstes Schlachtschiff zum ersten Kampfeinsatz. Die "Bismarck" vernichtete den Stolz der englischen Flotte – und verlor.

Geschütze donnern. Tonnenschwere Granaten fliegen über den Nordatlantik. Einige detonieren im Wasser, andere treffen ihr Ziel. Vier große Kriegsschiffe befinden sich am 24. Mai 1941 in einem schweren Seegefecht, jeweils zwei auf beiden Seiten. In dieser Schlacht treffen das berühmteste Schiff der Royal Navy, der Schlachtkreuzer „Hood“, und das neue Flaggschiff der deutschen Kriegsmarine aufeinander, die „Bismarck“. Nur einer der beiden Giganten wird das Gefecht überstehen.

In Anwesenheit von Hitler war das deutsche Schlachtschiff am 14. Februar 1939 in der Hamburger Werft Blohm & Voss auf den Namen „Bismarck“ getauft und vom Stapel gelassen worden. Das Schiff verdrängte offiziell 35.000 Tonnen; laut dem deutsch-britischen Flottenabkommen vom Juni 1935 die Obergrenze für deutsche Schlachtschiffe. Tatsächlich war die „Bismarck“ aber um gut 10.000 Tonnen schwerer.

Die britischen Nachschubwege sollten gestört werden

Wegen des Kriegsbeginns 1939 musste das Schiff sehr schnell fertig gestellt werden. Einsatzbereit war die „Bismarck“ im Frühjahr 1941. Nun sah die Kriegsmarine den Zeitpunkt gekommen, den Seekrieg mit Großbritannien zu intensivieren.

Den Schwerpunkt legte die Marineführung darauf, die britischen Nachschubwege über den Atlantik zu stören. Seit Frühjahr 1941 schickten die USA im Rahmen des „Leih- und Pachtgesetzes“ kriegswichtige Materialien nach Großbritannien. Solange diese Versorgung funktionierte, war mit einer Kapitulation der Insel nicht zu rechnen. Um diesen Nachschub zu stören, plante die deutsche Admiralität das „Unternehmen Rheinübung“.

Das kampfstärkste Schlachtschiff der Welt

Die „Bismarck“ galt zum Zeitpunkt ihrer Indienststellung als das kampfstärkste Schlachtschiff der Welt (die japanischen Superschlachtschiffe der „Yamato“-Klasse waren noch nicht einsatzbereit). Auf die deutsche Bevölkerung hatte sie eine besondere Strahlkraft, wirkte sie doch als Bestätigung technischer Überlegenheit. Die Begeisterung war Wasser auf die Mühlen der deutschen Propagandamaschinerie. Die Flucht von Rudolf Heß, Stellvertreter Hitlers, am 10. Mai 1941 nach England hatte massive Verunsicherung hinterlassen.

Am 18. Mai 1941 lief die „Bismarck“ in Begleitung des schweren Kreuzers „Prinz Eugen“ sowie von einigen kleineren Kampfschiffen aus Gdingen, damals Gotenhafen , aus. Flottenchef Admiral Günther Lütjens verfolgte auf der „Bismarck“ die Operation persönlich, Kommandeur des Flaggschiffs war Kapitän zur See Ernst Lindemann. Über das Kattegat gelangte der Verband am 21. Mai in die Nordsee und nahm in der Nähe der norwegischen Hafenstadt Bergen Treibstoff auf. Dort wurden die Schiffe das erste Mal von den Briten gesichtet.

Das „Unternehmen Rheinübung“ sah vor, die britischen Inseln nördlich zu passieren und über die Dänemarkstraße, die Meerenge zwischen Island und Grönland, in den Atlantik vorzustoßen. Die britische Marineführung hielt einen solchen Plan für unwahrscheinlich und postierte an dieser Stelle nur zwei schwere Kreuzer, die „Suffolk“ und die „Norfolk“.

Entgegen den britischen Erwartungen sahen sich die beiden Kreuzer nun am 23. Mai mit dem deutschen Flottenverband konfrontiert. In realistischer Einschätzung ihrer Kampfkraft setzten sich die Schiffe ab und hielten lediglich Fühlung. Admiral John Tovey, Kommandant der Home Fleet und damit zuständig für die Verteidigung der britischen Heimatgewässer, führte einen eigenen Verband heran, um die deutschen Schiffe abzufangen. Dazu zählte neben sechs Zerstörern und dem brandneuen Schlachtschiff „Prince of Wales“ auch der Schlachtkreuzer „Hood“. In der Zwischenkriegszeit galt er als schnellstes und größtes Großkampfschiff der Welt.

Der Kapitän verlor die Geduld

In den Morgenstunden des 24. Mai sichtete der britische Verband die deutschen Schiffe und eröffnete kurz vor sechs Uhr das Feuer. Flottenchef Lütjens wollte den Angriff zunächst nicht erwidern, um die Operationsziele nicht zu gefährden. Doch nach den ersten Salven der Briten verlor Kapitän Lindemann die Geduld: „Ich lasse mir doch mein Schiff nicht unterm Arsch kaputt schießen. Feuer frei!“

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Die „Bismarck“ und die „Prinz Eugen“ schossen zurück. Der „Bismarck“ gelang es schneller, sich einzuschießen. Nach ein paar Minuten war die Schlacht vorüber. Eine 38-Zentimeter-Granate durchschlug das zu schwach gepanzerte Achterdeck der „Hood“ und zündete in ihrer Munitionskammer. Das Schiff explodierte und sank mit seinen knapp 1500 Mann. Die „Prince of Wales“ zog sich schwer beschädigt zurück.

Der Untergang der "Hood" schockte England

Während der Schlacht wurde aber auch die „Bismarck“ beschädigt. Ein Brennstoffbunker war zerstört; sie verlor Öl und legte damit eine sichtbare Spur. Lütjens beschloss, einen französischen Hafen anzusteuern, um die notwendigen Reparaturen durchführen zu lassen. Die „Prinz Eugen“ sollte auf eigene Faust operieren.

Die Versenkung der „Hood“ führte in Großbritannien zu einem Schock, der sehr schnell in Wut überging. Premierminister Churchill machte den Vergeltungsschlag zur Chefsache und forderte von der Admiralität: „Die ,Bismarck‘ muss versenkt werden – um jeden Preis.“ Es begann ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Schiffen der Royal Navy und der „Bismarck“.

Doppeldecker griffen aus der Luft an

Während die „Prince of Wales“, die „Suffolk“ und die „Norfolk“ die „Bismarck“ verfolgten, näherte sich eine größere Flotte unter der Führung der „King George V“ dem deutschen Schlachtschiff. Von Gibraltar aus dampfte zusätzlich die Force H heran.

Trotz der Schäden war die „Bismarck“ verhältnismäßig schnell, die Briten kamen kaum hinterher. Sie beschlossen, das Schlachtschiff aus der Luft zu torpedieren, um es an der Weiterfahrt zu hindern, bis der britische Flottenverband es stellen konnte.

Ein Funkspruch war der entscheidende Fehler

Am 26. Mai gegen 23.30 Uhr startete eine Staffel alter „Swordfish“-Doppeldecker vom Flugzeugträger „HMS Victorious“ und flog einen ersten Angriff, der aber fehlschlug. Ihre Torpedos konnten das Ziel nicht entscheidend treffen. Die Flotte fuhr weiterhin nur hinterher.

Der „Bismarck“ gelang es in einem spektakulären Wendemanöver, die britischen Schiffe abzuschütteln, sie verschwand vom Radar. Allerdings war Lütjens immer noch überzeugt, dass die Briten sein Schiff orten könnten und unterbrach die Funkstille mit der Heimat. Eine folgenreiche Fehlentscheidung: Nur aufgrund dieser Signale gelang es der Home Fleet, die „Bismarck“ wiederzufinden. Wenig später sichtete ein Aufklärungsflugzeug das Schiff. Wieder machten sich Torpedo-Flieger auf den Weg. Einem gelang es, die Ruderanlage der „Bismarck“ zu treffen und sie fast manövrierunfähig zu machen.

"Wir kämpfen bis zur letzten Patrone"

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Durch das eingeklemmte Ruder konnte die „Bismarck“ ihren Weg in das französische Saint-Nazaire nicht fortsetzen. Vielmehr driftete sie in Richtung des britischen Flottenverbandes. Kapitän Lindemann funkte an das Hauptquartier „Schiff manövrierunfähig. Wir werden bis zur letzten Patrone kämpfen.“

Am Morgen des 27. Mai entdeckte der britische Verband das deutsche Schlachtschiff und nahm es unter Feuer. Mehr als 90 Minuten dauerte der Kampf, dann erzielte die „King George V“ ein schwerer Treffer. Nun schoss die „Dorsetshire“ mit Torpedos. Daraufhin begann die „Bismarck“ zu kentern und sank wenig später. Von den 2092 Besatzungsmitgliedern konnten nur 115 geborgen werden, Lütjens und Lindemann versanken mit ihrem Schiff. Die Überlebenden berichteten , dass sie die Flutventile geöffnet hatten.

Der Flugzeugträger wird zum Herrn der Meere

Bereits kurz darauf wurde der Untergang der „Bismarck“ von der deutschen Propaganda uminterpretiert, das Schlachtschiff zum Mythos stilisiert und die Mannschaft zu Helden verklärt, die bis zum letzten Mann standhaft gekämpft hätten. Dabei passte Goebbels auch die Version der Selbstversenkung gut, wäre doch die „Bismarck“ im Kampfe unbesiegt geblieben.

Mehr als 48 Jahre lang lag die „Bismarck“ unberührt in den Tiefen, existierte nur noch als Chimäre in den Köpfen von Überlebenden und Historikern. Dann, am 8. Juni 1989, wurde das Wrack von dem US-amerikanischen Meeresforscher Robert Ballard in fast 4800 Metern gefunden. Ballard, der bereits 1985 die „Titanic“ entdeckt hatte, legte mit seinem Fund den Grundstein für weitere Expeditionen zum Wrack. Die Frage, wer nun entscheidend zum Untergang des Schlachtschiffes beitrug, die Mannschaft oder die Torpedos, ließ sich jedoch nie aufklären.

Der Untergang der „Bismarck“ markiert eine Zäsur, waren es doch vor allem Flugzeuge gewesen, die dem Giganten den Garaus gemacht hatten. Spätestens nach dem Überfall der japanischen Trägerflugzeuge auf die US-Schlachtschiffe im Hafen von Pearl Harbor im Dezember 1941 wurde klar, dass die Ära der kanonenbewehrten Festungen endgültig zu Ende gegangen war. Flugzeugträger waren die neuen Herren der Meere. Sie sind es bis auf den heutigen Tag geblieben.

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