Russland festigt die Position auf der Krim

Eine Mission von OSZE-Beobachtern hat in der Ukraine die Arbeit aufgenommen. Zur Krim, wo russische Kräfte weitere ukrainische Militärstützpunkte in ihre Gewalt brachten, haben sie keinen Zutritt.

Rudolf Hermann, Prag
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Russland weitet die Kontrolle über militärische Einrichtungen in der Ukraine aus. (Bild: Reuters)

Russland weitet die Kontrolle über militärische Einrichtungen in der Ukraine aus. (Bild: Reuters)

Russische Kräfte haben am Wochenende auf der Krim die Luftwaffenbasen Belbek bei Sewastopol im Süden und Nowofedoriwka bei Jewpatorija im Westen der Halbinsel unter ihre Kontrolle gebracht. Die Militäreinrichtungen wurden angegriffen, als ein Ultimatum an die dort stationierten ukrainischen Truppen ausgelaufen war, sich zu ergeben. Beim Militärflughafen Belbek wurde mit einem Schützenpanzer das Gittertor zum Gelände zerstört, wie aus einer Videoaufzeichnung auf der Website von Radio Free Europe ersichtlich war. Darauf seien Zivilpersonen auf das Gelände gedrungen, und später habe man Schüsse und Explosionen gehört. Ein Journalist und ein ukrainischer Soldat seien verletzt worden.

Kommandanten festgenommen

Der ukrainische Kommandant der Luftwaffenbasis Belbek, Juli Mamtschur, wurde laut Medienberichten von den russischen Kräften in Haft genommen. Die Internetzeitung Ukrainska Prawda schrieb, Mamtschur sei in ein Militärgefängnis der russischen Schwarzmeerflotten-Basis in Sewastopol gebracht worden. Unter Berufung auf den Pressedienst des ukrainischen Parlaments schrieb die Zeitung, der Parlamentsvorsitzende und Interimspräsident Turtschinow habe von Russland die sofortige Freilassung Mamtschurs verlangt. Laut ukrainischen Quellen wurden im Laufe des Sonntags noch zwei weitere Kommandanten ukrainischer Einheiten festgenommen.

Neben den zwei Luftwaffenstützpunkten brachten russische Einheiten auch ein weiteres Schiff der ukrainischen Flotte, die Korvette «Slawutitsch», in ihre Gewalt. Schon Mitte vergangener Woche waren die «Ternopil», ein Schwesterschiff der «Slawutitsch», und das Unterseeboot «Zaporischja», das einzige seiner Art der ukrainischen Marine, von russischen Truppen erstürmt worden. Aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium hiess es, dass in nächster Zeit ein Beschluss gefasst werde, einige Truppen und ihre Familien von der Halbinsel Krim auf das Festland zu verlegen.

Die OSZE im Gelände

Am Wochenende nahmen die ersten Beobachter einer Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine ihre Arbeit auf. In einer ersten Phase sollen rund 100 Beobachter eingesetzt werden, später bis zu 500. Ihre Aufgabe ist es, sich ein Bild über die Situation ethnischer Minderheiten in der Ukraine zu machen. Ferner werden sie die vorgezogenen Präsidentenwahlen verfolgen, deren erste Runde auf den 25. Mai angesetzt ist.

Zum Territorium der Krim haben die OSZE-Vertreter allerdings keinen Zutritt. Russland als Mitglied der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dessen Stimme für den Konsens-Entscheid zur Mission nötig war, steht auf dem Standpunkt, dass es eine Mission für die Ukraine sei, während die Krim jetzt russisches Territorium darstelle.

Laut Reuters hiess es seitens der russischen Regierung, dass die OSZE-Mission die «neuen politischen und rechtlichen Umstände» reflektiere (womit impliziert wurde, die OSZE anerkenne die Annexion der Krim). Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung habe jedoch klargestellt, dass die OSZE die territoriale Integrität der Ukraine ausdrücklich nicht infrage stelle, schrieb Reuters.

Ukrainische Befürchtungen

In verschiedenen Städten der Süd- und Ostukraine kam es am Wochenende erneut zu Demonstrationen einerseits zur Unterstützung der ukrainischen territorialen Integrität, andrerseits für mehr regionale Autonomie oder gar Separatismus. In der Stadt Donezk wurde von Teilnehmern einer Manifestation die Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch verlangt. Zwischenfälle wurden nicht gemeldet.

Der ukrainische Aussenminister Deschtschiza sagte in einem Interview mit einer amerikanischen Fernsehstation, die Lage an der ukrainischen Ostgrenze sei gefährlicher als noch vor einer Woche, weil man nicht wisse, was Putins Pläne seien. Militärbeobachter stellten eine grosse Konzentration von Truppen im Grenzbereich fest. Der amerikanische General Breedlove, der Nato-Oberkommandierende für Europa, sagte in Brüssel laut Angaben von Radio Free Europe, dass Russland genügend Einheiten an der ukrainischen Ostgrenze postiert habe, um gegebenenfalls bis zum moldauischen separatistischen Gebiet Transnistrien durchzumarschieren, wenn ein solcher Beschluss gefällt werden sollte.

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