Ja, World of Warcraft gibt es immer noch. Fast zwölf Jahre nach seinem Erscheinen tummeln sich auf den Servern des bislang erfolgreichsten Online-Rollenspiels der Geschichte weiterhin über fünf Millionen aktive Spieler. Ende des Jahres soll die nächste Erweiterung herauskommen, von der sich das Spielestudio Blizzard noch einmal Auftrieb erhofft. Doch es gibt Ärger in Azeroth, wie die Welt von World of Warcraft (WoW) heißt. In diesen Tagen bekriegen sich nicht nur die beiden Fraktionen Allianz und Horde im Spiel, sondern auch die Fans und Blizzard.

Der Grund ist Nostalrius, ein privater WoW-Server, oder wie man auch sagen könnte: ein Piraten-Server. Er wird nämlich wie alle privaten Server nicht offiziell von Blizzard betrieben, sondern von engagierten Fans und Entwicklern. Und anders als auf den offiziellen Servern benötigen die Spieler auf privaten Servern wie Nostalrius kein kostenpflichtiges Abo, um sich in die Schlacht zu stürzen. Dafür bekommen sie aber auch nicht die aktuelle Version von WoW, sondern eine aus dem Jahr 2006, eine sogenannte classic oder vanilla-Version, die keine der späteren Erweiterungen und Anpassungen enthält.

Nostalrius wurde vor etwas mehr als einem Jahr von etwa 30 WoW-Spielern ins Leben gerufen. In kürzester Zeit hat sich das Projekt zu einem der beliebtesten privaten WoW-Server entwickelt. Fast 800.000 Spieler haben sich mittlerweile registriert, etwa 150.000 gelten als aktiv, loggen sich also regelmäßig ein. Doch damit soll nun Schluss sein: Wie die Betreiber am Mittwoch schrieben, haben die Anwälte von Blizzard sie aufgefordert, den Server einzustellen. Am 10. April wird Nostalrius abgeschaltet.

Eine Petition an Blizzard

In der WoW-Szene und darüber hinaus sorgt diese Entscheidung für Diskussionen. Im Reddit-Forum zu Nostalrius lassen die Spieler ihrem Unmut freien Lauf. Einige behaupten, sie hätten jetzt ihr offizielles Abo gekündigt. Andere stellen Abschiedsvideos auf YouTube, finden sich mit ihren Spielfiguren in der virtuellen Welt zu einem Protestmarsch zusammen oder überlegen, welche Alternativen es gibt und wie sich das Projekt und seine Spielerdaten retten lassen.

Die Verantwortlichen von Nostalrius haben sich inzwischen den Fragen der Community gestellt und eine Petition an Blizzard ins Leben gerufen, die mittlerweile 45.000 Unterzeichner hat. Darin schreiben sie, der Server sei keine Konkurrenz für das offizielle Spiel, sondern bloß ein Projekt leidenschaftlicher Fans. Mit der Petition wollen sie Blizzard zum Umdenken hinsichtlich privater Server bewegen, auf denen alte Versionen des Spiels laufen. Zudem haben sie angekündigt, den Quellcode des Servers frei verfügbar zu machen.

Andere Serverbetreiber sind besorgt. Im Forum eines deutschen privaten Servers äußern sich die Administratoren zurückhaltend. Ihr Server stehe zwar beim gleichen französischen Anbieter wie der von Nostalrius, allerdings sei ihre deutsche Community deutlich kleiner. Ein Grund, weshalb es ausgerechnet Nostalrius erwischte, sei vermutlich seine Beliebtheit gewesen, glauben sie. Bislang drückte Blizzard bei vielen kleineren Servern ein Auge zu, Massenabmahnungen gab es bislang noch nicht.

Gleichzeitig hoffen die deutschen Serverbetreiber auf den sogenannten Streisand-Effekt: Je größer der Aufschrei der Community ist und je mehr Medien darüber berichten, desto unwahrscheinlicher könnte es sein, dass Blizzard noch weitere Projekte abschaltet. Die meisten privaten Server sind nämlich alles andere als geheim. Eine simple Google-Suche führt zu Dutzenden Anbietern und viele von ihnen akzeptieren Spenden, was Anwälte gerne als geschäftliches Interesse auslegen.

Erinnerungen an alte Schlachten

Rechtlich gesehen haben die Unterstützer von Nostalrius und anderen Fanprojekten keine guten Argumente. Seit den Anfängen von World of Warcraft gibt es Diskussionen über die privaten Server, die mit angepasster Software laufen und die offiziellen Zugänge umgehen. Blizzard verbietet das Betreiben externer Server in seinen Geschäftsbedingungen. Der offensichtliche Grund: Wer auf diesen Servern spielt, bedient sich an Blizzards geistigem Eigentum, ohne dafür zu bezahlen. Gerade in einer Zeit, in der die Spielerzahlen von WoW zurückgehen, will sich Blizzard diese Einkommensquelle möglicherweise nicht verschließen.

Viele der Spieler haben sich aber schon längst von der offiziellen Version von World of Warcraft abgewandt und würden deshalb ohnehin keine Abogebühren mehr zahlen. Die zahlreichen Erweiterungen und Anpassungen an neue Spielerschichten der vergangenen Jahre sind ihnen ein Dorn im Auge. Sie beklagen, dass Spiel sei immer mehr casual geworden, spreche also immer mehr Gelegenheits- denn Hardcore-Gamer an und habe die Faszination der alten Zeiten ruiniert. Deshalb spielen sie Classic-Versionen, die Blizzard nicht mehr anbietet.