Brake - „Im Moment geht es der Fischerei gut nach einer langen Durststrecke“, sagt Dieter Hullmann, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der Fischereigenossenschaft Elsfleth. Die Fischpreise hätten sich zum Guten gewendet. Dennoch habe man Angst vor dem, was kommen könnte, sagt der Braker. Keiner habe eine Antwort. Einen EU-Austritt der Briten ohne Vertrag mit der Europäischen Union lehnt Dieter Hullmann ab.

In der „Neptun Fischvermarktung“ am Braker Binnenhafen sitzt dem Braker Fischer der Sozialdemokrat Tiemo Wölken, Jahrgang 1985, gegenüber. Er ist mit seinen 33 Jahren jüngster SPD-Europaabgeordneter und gehört dem Parlament seit 2016 an. Seit Januar 2017 ist Tiemo Wölken Vollmitglied im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments. Zudem ist er stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Aus berufenem Munde erfährt der Europaabgeordnete, dass die Briten viel Fisch in die EU exportierten und dass beispielsweise deren Quote für Kaisergranat bei etwa 20 000 Tonnen liege. Deutschland hingegen verfüge historisch begründet – zugrunde liegen Fangmengen aus den 1970er-Jahren – nur über eine geringe Quote an Kaisergranat, der gefischt werden dürfte. Der Bedarf sei aber viel größer, im Gegensatz zu Großbritannien, wo der Kaisergranat gar nicht so nachgefragt werde. „Wir haben kürzlich Kabeljau gegen 400 Tonnen Kaisergranat getauscht“, erzählt Dieter Hullmann. Tauschen der Ware sei möglich, der Verkauf aber nicht. Die Fischquoten seien nicht handelbar. Wie es nach dem Brexit weitergehe, sei ungewiss.

Für die „Neptun Fischvermarktung“ in Brake gibt es im Rahmen der Kleinen Hochseefischerei laut Dieter Hullmann noch keine Probleme. Gefangen werden nach wie vor Scholle und Seezunge in der Nordsee. Zwei eigene Fischkutter sind in Fahrt, die Flotte kann aber auf rund 20 Schiffe durch die Fischereigenossenschaft Elsfleth aufgestockt werden. Sieben dieser Kutter sind für den Elektro-Fischfang ausgerüstet. In der EU gebe es 82 zugelassene Kutter. Ab April seien 42 Kutter von einem Verbot betroffen, die übrigen 40, darunter auch die sieben Schiffe der Fischereigenossenschaft, würde das Verbot dann 2021 treffen. „Wir hoffen auf die Europawahl“, sagt Dieter Hullmann. Denn die Elektro-Fischerei habe sich als schonend und effektiv erwiesen. Leider habe man die Zeit nicht genutzt, um intensiver Forschung zu betreiben. Wenn erst wieder schweres Geschirr für den Fischfang benutzt werde, würde auch der Meeresboden vermehrt in Mitleidenschaft gezogen. Auch steige der Brennstoffbedarf der Kutter, die Frage nach der Wirtschaftlichkeit müssten sich viele Fischer dann stellen.

Probleme sieht Dieter Hullmann auf die Hochseefischerei zukommen, sollte der Brexit greifen. 90 Prozent der Fänge von Scholle, Hering und Makrele kommen nach seinen Worten aus britischen Gewässern. Ein weiteres Problem für die Fischerei seien die Kabeltrassen zu den Windparks und die Windparks selbst, in denen nicht gefischt werden dürfte. Die Regeln zum Befahren würden immer verrückter.


Wie verrückt es zugeht, schildert Dieter Hullmann dem EU-Parlamentarier sowie der SPD-Landtagsabgeordneten Karin Logemann, die ihn begleitet: „Der Windpark Nordergründe wird von einem unter der Flagge Panamas fahrenden Schiff mit philippinischem Kapitän vor deutschen Krabbenkuttern bewacht.“

Ulrich Schlüter
Ulrich Schlüter Redaktion Brake