World of Warcraft hat sich im Laufe der Jahre verändert. Cortyn schildert diese Änderungen – aus Sicht eines Charakters.
Die Helden von Azeroth
Was ist von der Draenei geblieben, die einstmals mit der Exodar geflohen ist, um auf dieser Welt zu helfen und eine neue Heimat zu finden? Damals waren die Aufgaben leicht. Der Gegner war klar. Drachen, die ein Dorf bedrohten. Naga, die Kinder entführt haben. Mörder und Dämonen, die Böses im Sinn hatten.
Doch seit der Ankunft der Brennenden Legion ist alles anders geworden. Ich höre das Licht nicht – es spricht schon seit einer Weile nicht mehr zu mir. Stattdessen ist es die Stimme von Xal’atath, meinem Dolch. Die Leute, denen ich begegne, sehen in Xal’atath nur eine starke Waffe. Doch sie ist mehr, so viel mehr. Xal’atath weiß Dinge. Es ist schwer zu beschreiben, doch die Klinge ist älter als alles, was es je auf Azeroth gegeben hat. Vermutlich älter, als die Legion.
Früher, weit in der Vergangenheit, da war Dämonenblut etwas unaussprechlich Schreckliches. Und jetzt? Eine Illidari, Nal’ryssa, die mir ihre Schmiedekunst beibringen will, sagt mir, dass ich Opfer bringen müsse. Ich muss Teufelsblut als Gestein in meinen Körper aufnehmen. Jeden ihrer Schläge bestätige ich einzeln. Blut spritzt, als der erste Stein in meinem Arm landet. Blaues Blut. “Weiter?” fragt Nal’ryssa und schaut mich abwartend an. Drei Steine Teufelsschiefer hämmert sie mir in den Leib. Einen in den Arm, einen in die Schulter und einen letzten in das Handgelenk. Jeder Schlag verfärbt meine Sicht grün. Felgrün. Ein kurzes Aufflackern des Schmerzes.
Es dauert eine Weile, bis ich die Wunden versorgt habe, die diese Behandlung mir beschert haben. Es würde schneller gehen, wenn das Licht mir helfen würde… doch das tut es nicht mehr. Warum eigentlich? Hat es vergessen, warum ich das hier auf mich nehme? Es bleibt keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Ich werde erwartet.
Schon kurze Zeit später werfe ich den Nachtsüchtigen einige Kristalle vor die Füße. Sie schimmern lila, genau wie die Augen der geschundenen Elfen, die wie wilde Tiere über die Kristalle herfallen, sich an ihrer Magie laben. Ich lächle. Ich habe die Kontrolle. Erst nach dieser Fütterung sind sie soweit bei Sinnen, dass ich überhaupt mit ihnen reden kann – wir haben viel vor. Suramar wartet auf mich. Und Xal’atath auf Suramar.
Obwohl Suramar von strenger Hand geführt wird, ist die Stadt friedlich. Ein Frieden, den meine Verbündeten nicht dulden können. Im Schutz einer magischen Illusion schleiche ich mich zum Hafen der Stadt. Hier sind sie, die dekadenten Elfen der Oberschicht, die sich im Konsum suhlen, Arkwein trinken, lachen und tanzen, als würde die Welt draußen nicht am Abgrund stehen. Das Lachen vergeht ihnen rasch, als ich die Ladungen Arkfeuer zünde, die ihre Vergnügungsschiffe in Brand stecken. Die Männer springen schreiend ins Wasser, als wüssten sie nicht, dass sich Arkfeuer nicht löschen lässt. Kinder, die noch in dieser Nacht Waisen sein werden, fliehen panisch über die Straßen, weg von der Hitze.
„Das hast du gut gemacht“, flüstert die süße Stimme meiner Klinge. Natürlich habe ich das gut gemacht.
Während ich mich nach Hause schleppe, spüre ich, wie der Teufelsschiefer unter meiner Haut an meinen Knochen scheuert. Inzwischen ist es ein angenehmes Gefühl. Wie konnte ich das jemals bezweifeln? Ich höre Xal’atath, die sich schon auf den nächsten Morgen freut, um noch mehr Essenzen zu verzehren. Langsam, ganz langsam verschwindet auch der Geruch von verbrannten Körpern der Elfen aus meiner Nase, die dem Arkfeuer meiner Anschläge nicht entgehen konnten. Ich falle ins Bett und schließe die Augen. Mein Herz pocht. Obwohl die Augen geschlossen sind, sehe ich grünes Feuer vor mir. Xal’atath sagt, dass alles in Ordnung sei. Langsam, sehr langsam tötet sie den letzten Zweifel in mir. Ja, ich stehe auf der Seite der Guten, der Helden und Beschützer. Manchmal müssen Opfer gebracht werden. Wie gut, dass mein Dolch sie nur zu gerne annimmt.
Wir sind die Guten… nicht wahr, Xal’atath?
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Obwohl ich das selbst mit meinem Charakter mache finde ich das nicht gut. Der Einstieg war viel zu abrupt und ich musste mehrmals lesen bis ich mich auskannte.
Der abrupte Einstieg war aber durchaus gewollt, ich wollte auf eine Einführung verzichten. Was genau meinst du mit “ich musste mehrmals lesen bis ich mich auskannte”?
Zum Beispiel das mit den früher War alles einfacher habe ich automatisch versucht zu überlegen, wo in der Geschichte der Draenei das gewesen ist. Dann war ich vom Teufelsschiefer verwirrt sowie nochmehr, warum eine Priesterin Schmiedekunst nimmt und zu guter Letzt brauchte ich eine Weile um zu kapieren, wann sie vom Licht abgekommen ist und als ich es endlich verstand habe ich es endgültig nicht mehr verstanden, warum eine Priesterin des Lichts Bitte eine Artefaktwaffe der Schattenpriester nimmt.
Hell yeahhh, fettes Kompliment. Der Artikel ist einer der Besten von dir, wie ich persönlich finde! Schöner Schreibstil… ach was solls, ich lese es einfach noch mal 😀
Danke!
Sehr interessant.
Toller Beitrag! Mehr davon!
Danke, es müssen nur mehr Leute lesen, dann ist das kein Problem 😛
Wirklich schön geschrieben, aber was genau hat das mit den einleitenden Worten zu tun “wie mein WoW-Charakter sich über die Jahre verändert hat”?
Wie gesagt, wirklich schön geschrieben und auch absolut passend für einen Schattenpriester. Jedoch deutet die angedeutete Überschrift an das ein Schattenpriester früher mal etwas anderes war, als er heute ist. Auf die abschließende Frage, “Wir sind doch die Guten”, gab es jedoch im Bezug auf den Schattenpriester schon immer die gleiche Antwort. Schattenpriester waren, wie auch zB Hexenmeister, rein vom Hintergrund her schon immer eher die “Bösen”.
Mag sein das Legion das nun noch deutlicher durchblicken lässt, aber gerade im Bezug auf den einleitenden Satz weiß ich wirklich nicht worum es genau gehen soll. Auch wenn der Text wirklich verdammt stimmig geschrieben ist. 🙂
Es ging mir eher darum, dass die Quests in WoW inzwischen viel düsterer sind – nicht nur der Schattenpriester. Abgesehen von Xal’atath ist das oben beschriebene “neutral” – es sind Missionen, die jeder bekommt, unabhängig von der Klasse. Wer mehr tut, als dir Quests nur “wegzuklicken” und mal wirklich hinterfragt, was er eigentlich mit seinem Charakter anstellt… kommt vielleicht zu demselben Schluss, dass “Gut” und “Böse” in WoW sehr, sehr schwammige Begriffe geworden sind (was ich verdammt gut finde).
Erst vor kurzem dem Drachen geholfen sein Mana wieder zu bekommen weil die Nachtgeborenen es aus der Erde ziehen und anschließend mit meiner Alchiquest gleich das Mana wieder entzogen… xD
Wann entzieht man bei der Alchemisten Quest das Mana aus dem Boden?
Nicht aus dem Boden, aber man muss zu dem Brunnen wo der Drache drin liegt gehen und etwas mit dem Mana dort aufladen.
OK.^^ Wie gesagt der Text ist wirklich verdammt gut geschrieben und da ich ja nun die Intention dahinter kenne passt es auch. 😉
Daher meinen Einwurf nicht übel nehmen, aber da ich WoW schon zu Classic-Zeiten gespielt habe und halt Rollenspieler bin, verwirrt es mich etwas, da Warcraft schon immer eher grau als schwarz-weiß war und Schattenpriester quasi schon immer, wie eben Hexenmeister, die “bösen” waren.
Ich weiß aber, das es gerade in der Vergangenheit bei WoW nur selten im normalen Questen spürbar wurde. Letztlich haben NPCs einen Schattenpriester nicht anders behandelt, als zB einen Paladin. Sollte das neue AddOn da wirklich mal etwas geändert haben, wäre das durchaus mal eine nette Neuerung.
Sehr cool geschrieben. Würde mich sehr über eine “Fortsetzung” freuen =). Aufjedenfall wurde ich dadurch für meinen Pen&Paper Charakter inspiriert. Danke Cortyn