Zusammenfassung
- konsequente Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie, wenn auch verspätet
- diverse Rettungsschirme nach dem Prinzip „Klotzen, nicht Kleckern“
- der seriösen Wissenschaft wird in Medien, Politik und Öffentlichkeit wieder zunehmend Gehör geschenkt
- uneigennütziger Einsatz der „systemrelevanten“ Mitarbeiter im Gesundheitssystem, bei der Polizei, Müllabfuhr, etc. sowie an den Supermarktkassen trotz mangelhaftem Schutz und mangelnder Wertschätzung
- hohe Solidarität in der Bevölkerung
- Chance zur Neuausrichtung von Staat und Gesellschaft in der Post-Corona-Zeit - kein weiter so!
Was mir bisher nicht gefällt:
- Beschwichtigungen wie „das Gesundheitssystem ist gut vorbereitet“ noch Anfang März
- mangelnde Sensibilität für vorausschauenden Katastrophenschutz inkl. Pandemiepläne
- Fehlsteuerung des auf Effizienz getrimmten Gesundheitssystems, dessen eklatante Schwächen für jeden sichtbar werden
- Digitalisierung hinkt in fast allen Bereichen (Schulen, Behörden, Gesundheitssystem, ...) hinterher - da helfen auch keine Show-Digitalisierungsprogramme, Show-Digitalminister, etc.
- Vernachlässigung von Kindern und deren Familien, Alten, Kranken, Bedürftigen, Flüchtlingen
- Flickenteppich von unzureichend aufeinander abgestimmten Maßnahmen in den Bundesländern
- dem Ernst des Themas unangemessener, populistischer Wettlauf („Hahnenkampf“) zwischen einzelnen Politikern um „beste Krisenpolitik„ auf Kosten von Einheitlichkeit und Glaubwürdigkeit
- haltlose Behauptungen von Trumpschen Ausmaß: „der bayerische Weg hat 50.000 Infektionen verhindert“
- ausstehender nachhaltiger solidarischer Beitrag der Superreichen
Nach einer Vielzahl von Versäumnissen wird ein, zumindest innerhalb Deutschlands, geordnetes Krisenmanagement langsam sichtbar
Weitere Verunsicherung wird z.B. durch ein bislang offiziell nicht veröffentlichtes Strategiepapier des Bundes-Innenministeriums gestreut, in dem u.a. auch Worst-Case-Szenarien beschrieben werden, die in drastischen Worten von bis zu 1,2 Mio Toten allein in Deutschland ausgehen. Ein gefundesenes Fressen für Verschwörungs-Theoretiker, wie sich in deren zahlreichen Werken zeigte.
Was wir also bisher vermissten, ist eine besonnene, abgestimmte und auf dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und deren Evidenzen beruhende zeitnahe Politik.
Augen zu und durch?
Erste, bestürzende bzw. beschämende, Erkenntnisse
- Deutschland, die einstmalige Vorzeige-Apotheke der Welt, ist in den letzten 10-15 Jahren, was die Pharmazie anbelangt, auf Mittelmaß zurückgestutzt worden, was sich u.a. an mangelnder Lieferbereitschaft vieler relevanter Arznei- und Hilfsmittel zeigt - übrigens für andere medizinische Applikationen bereits schon viele Monate vor der CORONA-Krise.
- Der lange bekannte und beklagte Mangel an qualifizierten Kranken- und Altenpflege-Kräften ist für viele Patienten jetzt existenzbedrohend.
- Die Privatisierung insbesondere von Krankenhäusern und Pflegeheimen im Rahmen des neoliberalen Wahns einerseits, sowie die einseitige Ausrichtung unseres Gesundheitssystems auf Effizienz andererseits behindern eine qualitativ und quantitativ hochwertige Versorgung insbesondere bei Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge gerade auch in unvorhergesehenen Fällen wie z.B. bei Pandemien.
Hier muß - sobald die CORONA-Krise überwunden ist - dringend der Hebel umgelegt werden! Und zwar nicht nur wegen Vorfällen wie der aktuellen CORONA-Pandemie, sondern wegen längst bekannter und immer wieder beklagter gravierender Mängel.
Ob das mit einer dem Neoliberalismus immer noch huldigenden Union, die - zusammen mit der FDP - die letzten 12 Jahre den Gesundheitsminister gestellt hat, möglich ist, darf bezweifelt werden. Insbesondere, wenn wieder neoliberale Hardliner in die engere Führungsspitze der CDU oder gar zum Kanzlerkandidat gewählt würden.
Viele aktuell gute und engagierte Beispiele dürfen uns nicht die Augen verschließen vor Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft, die - dank des CORONA-Virus - wieder einmal evident werden!
- Unser unzureichend ausgestattetes medizinisches sowie pflegerisches Personal arbeitet an seiner Leistungsgrenze, ebenso wie viele andere Betroffene z.B. in Gesundheitsämtern oder anderen Einrichtungen. Auf deren aufopferungsvollen Einsatz können wir stolz sein. Aber gibt ihnen die Gesellschaft auch die gebührende Wertschätzung? Was sind uns Menschen wert, die sich offensichtlich als Leistungsträger in systemrelevanten Tätigkeiten auf Mindestlohn-Niveau für uns alle aufopfern?
- Auch wenn sich unsere verantwortlichen Politiker mitunter schwer tun, trotz föderaler Srukturen an einem, wo nötig, bundeseinheitlichen Strang zu ziehen, arbeiten sie verantwortungsbewusst und fokussiert, soweit Einzelne nicht die CORONA-Krise instrumentalisieren für ihre schnöden Zwecke wie z.B. AfD-Meuthen, der um die „Volksgesundheit“ besorgt ist, oder CDU-Strobl bzw. CSU-Seehofer und -Söder, die nach meiner Beobachtung eine bestimmte Klientel bedienen mit ihren populistischen, weniger auf Evidenz als auf Angst beruhenden, z.T. unabgestimmten Maßnahmen zur Grenzkontrolle bzw. Grenzschließung, oder die EU-Präsidentin von der Leyen, der die Handlungs-Führerschaft auf EU-Ebene bereits entglitten ist.
- Vermisst habe ich bisher einen nennenswerten solidarischen Beitrag unserer Superreichen, der sicherlich später um so stärker einzufordern ist. Wie zu erwarten, lassen bei diesem Thema die Beschützer der Reichen und Mächtigen, also in der Politik insbesondere FDP, CDU, CSU, ihre altbackenen, überholten Reflexe wie "Neid-Debatte" schon mal hinaustrompeten.
- Noch nicht überzeugt hat mich unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Er bietet zwar - über die häufig drögen Wiederholungen hinaus - mittlerweile ein attraktiveres Programm Kindern und Schülern an. Für Studenten und allen in Quarantäne bzw. Arbeitslosigkeit bzw. Teilzeit befindlichen Menschen vermisse ich aber neue, die bisherigen eingefahrenen Programmstrukturen und -Inhalte durchbrechenden Elemente, mit denen auch den Streaming-Anbietern, mit neuen, mutigen Experimenten Paroli geboten werden könnte. Da hierfür aber auch mutige Regulierungs-Entscheidungen getroffen werden müßten, befürchte ich, dass sich Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon oder neuerdings Disney die aktuelle Situation zur Geschäftsausweitung nicht entgehen lassen. Was für eine vertane Chance!
- Ausdrücklich hervorheben möchte ich Informationssendungen wie den NDR2-CORONA-Podcast mit Professor Christian Drosten oder den MDR-CORONA-Podcast mit Professor Alexander Kekulé, die jeweils - unaufgeregt, sachlich, wissenschaftlich fundiert, aber dennoch anschaulich - alle für die Bürger relevanten, den CORONA-Virus betreffenden Themen behandeln. So etwas würde man sich auch für andere ähnlich bedeutende Themen wie z.B. den Klimawandel oder das Artensterben wünschen. Leider haben so gut wie alle Massenmedien unter ihrem empörungsjournalistischen Imperativ und in Kanzler-Macher- bzw. Kanzler-Stürzer-Manier häufig nicht verstanden, die Aussagen der Wissenschaft zu antizipieren und stattdessen für mehr Verwirrung anstatt für Aufklärung unter ihren Lesern bzw. Zuhörern bzw. Zuschauern gesorgt.
- Ärgerlich ist nach wie vor, dass die Internet-Giganten mit ihren sozialen Medien sich weiterhin nicht ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen und z.B. nicht nur Verschwörungstheorien, sondern auch für die Gesundheit gefährliche Fake News über den CORONA-Virus über ihre Plattformen massenhaft verbreiten helfen, obwohl ihnen Mittel und Wege zur Verfügung stünden, dies massiv zu unterbinden. Das ist extrem unsozial! Sie gefährden damit nicht nur unser aller Gesundheit, sondern untergraben auf anderen Gebieten auch unsere Demokratie. Eine schlimme Entwicklung, der endlich die Gesetzgeber wirksam und nachhaltig Einhalt gebieten müssen. Auf eine Selbstregulierung dieser Branche zu hoffen, ist alleine schon deshalb vertane Zeit, da deren heutigen Geschäftsmodelle auf das - kostenlose - Abgreifen möglichst vieler persönlicher Daten, beruhen, aus denen dann mit speziellen Algorithmen das Verhalten der Nutzer prognostiziert werden kann. Und diese nutzerbezogenen Resultate werden für viel Geld an die Werbewirtschaft verkauft.
- Nach wie vor bedrohlich hat sich bei dem Thema Handy-Tracking wieder einmal gezeigt, was vielen Politikern, Medien und Wirtschaftsführern der Datenschutz wert ist. Hätten diese doch gerne unverzüglich Bewegungsdaten aller Bürger gespeichert und überwacht mit dem perfiden Argument, wenn es um Leben und Tod geht, muß der Datenschutz zurückstecken. Nicht nur, dass deren Lösungen (auf Basis von Funkzellen-Auswertungen) gar nicht hilfreich gewesen wären. Sie hatten sich noch nicht mal die Mühe gemacht, nach alternativen, datenschutzkonformen und zielführenden Lösungen zu suchen bzw. suchen zu lassen. Glücklicherweise gab es einige kluge Politiker und Experten, die einen Fehltritt noch einmal verhindert haben, auch wenn der Nutzen eines Handy-Tracking noch nicht bewiesen ist.
Pandemie schnell besiegen! Dann Fehlentwicklungen in der Gesellschaft korrigieren!
- Lücken bei digitalen Lern-Plattformen für Schulen und Universitäten,
Darauf können wir uns doch schon alle freuen - die Chancen zum notwendigen Wandel zu ergreifen!
Ein besonderer Hinweis gilt den neoliberalen Demokratie- und Gesellschaftszerstörern. Haben sie doch dazu beigetragen, unser medizinisches System auf einen Stand zurückzufahren, der uns heute Probleme bereitet. Und wäre ihnen das CORONA-Virus nicht dazwischen gekommen, hätten sie unaufhörlich und unbeirrt weiter an dieser Schraube der behaupteten Ineffizienz gedreht. Die einschlägigen Think Tanks wie z.B. die Bertelsmann-Stiftung haben das ja laut genug artikuliert. Und die Demokratiezerstörer hätten "Bedenkenträger" in die Ecke bestellt, mit dem Königsargument der neoliberalen Weisheit, dass vergleichbare Volkswirtschaften wie Italien, Spanien, UK und die USA doch mit weit weniger Krankenhausbetten oder gar Intensivbetten auskommen als wir! Geht es noch eindrucksvoller?
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