Xbox Adaptive Controller ausprobiert: 19 x Klinke, 1 x Controller, 0 x Probleme

Microsoft steigt in den Markt der zugänglichen Geräte ein. Der Xbox Adaptive Controller ermöglicht es Menschen mit temporärer oder dauerhafter Bewegungseinschränkung zu spielen, ohne enorm viel Geld auszugeben. Wir haben es auf dem Microsoft Campus in Redmond ausprobiert.

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Ein ungewöhnlicher Controller, der Barrieren abbaut
Ein ungewöhnlicher Controller, der Barrieren abbaut (Bild: Andreas Sebayang/Golem.de)

Am Rande der Entwicklerkonferenz Build hat uns die mittlerweile eigenständige Xbox-Gaming-Abteilung auf den Microsoft Campus in Redmond eingeladen - als einzige deutsche Publikation. Die Geheimniskrämerei war dabei so groß, dass die Microsoft-Mitarbeiter auf der Build gar nicht wussten, warum wir weggelockt wurden. Auch wir wussten nicht, was uns erwartet - nur dass es sich um eine neue Art des Spielens handeln sollte. Was wir zu sehen bekamen und ausprobieren konnten, überraschte uns doch sehr: Microsoft hat sich mit dem Thema Inklusion beschäftigt und ein gutes Produkt für Spieler geschaffen.

Barrierefreies Spielen war bisher bei den großen Anbietern von Konsolen und Spieleequipment kein Thema mit hoher Priorität. Mit dem Xbox Adaptive Controller, intern Project Zephyr genannt, ändert sich dies. Sein sogenanntes Inclusive Design soll weitgehend barrierefreies Spielen ermöglichen, und das unabhängig vom Spieletitel. Spiele werden also nicht extra für Spieler mit dauerhaften oder vorübergehenden Bewegungseinschränkungen entwickelt, sondern Microsoft versucht mit einem Controller, die Einschränkungen so weit wie möglich zu überwinden. Der Spaß steht im Vordergrund.

Auf den ersten Blick sieht das Gerät im weißen Xbox-Design der Xbox One S aus wie ein Musikinstrument - wie ein überdimensionierter, drahtlos arbeitender NES- oder Master-System-Controller. Handlich ist es nicht. Es wird montiert, auf ein Stativ aufgeschraubt, auf den Boden gelegt, auf einem Tisch positioniert. Die schwarze A- und B-Taste sind so groß wie eine Handfläche. Sie können mit sehr viel oder sehr wenig Kraft bedient werden, mit der Hand, mit dem Fuß oder auch mit dem Kopf.

Dass es sich im weitesten Sinne um einen klassischen Xbox-Controller handelt, erkennen Spieler am Xbox-Button zum Aktivieren. Dieser befindet sich oben links. Darunter sind die zwei üblichen Systemtasten für das Betriebssystem angebracht und ein weiterer Knopf samt danebenliegender LEDs ermöglicht das Umschalten zwischen Profilen. Ein ziemlich großes Steuerungskreuz gibt es auch noch, das aber etwas tiefergelegt ist. Dadurch soll versehentliches Bedienen vermieden werden, wenn etwa der Ellbogen sich in Richtung des A-Buttons bewegt.

Weitere Bedienungselemente gibt es nicht, spielen lässt sich so fast gar nicht. Der Xbox Adaptive Controller ist als Basis zu verstehen, die erweitert werden muss - und kann. Sei es über die in Windows 10 schon länger verfügbare Co-Pilot genannte Funktion, mit der ein zweiter Controller parallel genutzt werden kann, oder über Zubehör, das an den Adaptive Controller per USB oder Klinke angeschlossen werden kann.

Mit seinem Inclusive-Design setzt sich Microsoft über übliche Vorannahmen beim Produktdesign hinweg. So liegt dem Design von Standard-Controllern die Annahme zugrunde, dass Nutzer zwei Hände und gute Feinmotorik zur Verfügung haben. Microsoft sieht gute Gründe, sein Produkt breiter aufzustellen, da viele Menschen im Laufe ihres Lebens mit Bewegungseinschränkungen konfrontiert werden, sei es dauerhaft oder nur vorübergehend - etwa aufgrund einer Verletzung oder sogar nur einer momentanen Einschränkung im Alltag. Ein Beispiel aus dem Haushalt: Ein Kochtopf, der an zwei Henkeln hochgehoben werden muss, kann etwa eine schlechte und nichtinklusive Anschaffung für Familien sein - wer ein Kind auf dem Arm hält, hat nur noch eine Hand frei. Analog zum Xbox-Controller bräuchte es für den Zwei-Hand-Kochtopf entweder einen Co-Piloten, wie ein weiteres Mitglied der Familie, das mit anhebt, oder ein barrierefreies Design.

  • Microsofts Inclusive Design Lab auf dem Campus in Redmond ... (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • ... hat diverse Spielestationen ...(Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • ... an dem unterschiedliche Bedienkonzepte getestet werden. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Mike spielt gerade Overwatch. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Der Xbox Adaptive Controller sieht aus wie ein Musikinstrument ... (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • ... und hat auch zahlreiche Klinkenbuchsen, die aber nicht für Ton gedacht sind. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Standard-Mount in der Mitte und RAM-Mount-Duo außen. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Per USB lässt sich etwa ein Nunchuck anschließen. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Das Zubehör ist vielfältig. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Mit diversen Prototypen wurde ausgetestet, was am besten Funktioniert. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Führungsschienen führen die Klinke von oben in die Buchse, auch wenn der Anwender vor dem Gerät sitzt. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Der XAC auf dem Stativ. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Donkey Konga anyone? (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Derzeit werden die Controller auf ihre dauerhafte Benutzbarkeit hin getestet. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Direkt neben den Xbox-Controllern,... (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • ... die weiterhin im Dauertest sind.  (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Eines der Xbox-Logos des Inclusive Design Labs. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Die Tests am XAC sind etwas aufwendiger ... (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • ... weil so viele Steckverbindungen getestet werden müssen. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Mike (L.) Eric (2.v.R) und Erin (R) erzählen von ihren Erfahrungen. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Dieser Controller ist teuer. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Um die Sticks auszutauschen und die Klinkenbuchsen zu verdrahten werden vier Stück gebraucht. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Und das alles nur, um solche Schalter anzuschließen, die selbst mindestens 60 US-Dollar kosten. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
  • Schalter gibts es auch in einer Mini-Version. (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)
Microsofts Inclusive Design Lab auf dem Campus in Redmond ... (Foto: Andreas Sebayang/Golem.de)

Dieses Beispiel soll veranschaulichen, was eine körperliche Beeinträchtigung aus der Sicht eines Designers ist und wie vielfältig das Thema aufgearbeitet werden kann. Wer solche Fälle in seinem Design berücksichtigt, sorgt für weniger Probleme bei den Anwendern. Das gilt für den Kochtopf für Familien genauso wie für Webdesigner, die ein paar einfache Basisregeln (WCAG) beherzigen oder eben Designer von Spielecontrollern.

Auch Kriegsveteranen gehören zur Zielgruppe für Microsofts Controller und US-Unternehmen allgemein. Laut dem Unternehmen kommen 25 Prozent der Soldaten von einem Einsatz mit einer Behinderung zurück, und viele von ihnen sind junge Menschen, die mit Computer- und Videospielen aufgewachsen sind, sei es daheim oder in der Spielhalle (Arcade). Hier zeigt sich die starke Verankerung des Militärs in der US-Gesellschaft, die auch Unternehmen stark beeinflusst. Und es wird deutlich, dass die USA beim Umgang mit sozial Schwachen mitunter besser sind als ihr Ruf. Dass Barrierefreiheit dort durchaus ein Thema ist, lässt sich an vielen Ampeln für Blinde, den Rampen für Rollstühle und dem weitgehend barrierefreien, wenn auch kaum verbreiteten öffentlichen Nahverkehr erkennen.

Aber konzentrieren wir uns nun erst einmal auf die Hardware und die zahlreichen Besonderheiten, die hinter den zwei großen Knöpfen liegen.

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Viel mehr als nur zwei große Scheiben 
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Crass Spektakel 14. Jun 2018

Nein. Windows erlaubt keine sehr hohen Mausbeschleunigungen. Alles was man nicht...

stereo12 26. Mai 2018

Die Krankenkasse (oder ein anderer Sozialträger) muss so ein Gerät überhaupt nur zahlen...

kingspride 22. Mai 2018

Ich bin auch Linkshänder und kann nur sagen, ich hab Schwein gehabt dass ich gleich als...

as (Golem.de) 18. Mai 2018

Hallo, ich habe an genau der Stelle auch mit dem Begriff gehadert, mich aber für sozial...



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